Das Öko-Institut hat im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland e.V. (NABU) im Rahmen einer Kurzstudie die bestehende Recyclingverfahren, ihre Vor- und Nachteile sowie politische Möglichkeiten zur Förderung des Textilrecyclings darstellt.
Die Ergebnissen der Studie in Kürze:
Das Recycling von Alttextilien in Deutschland und der EU steht aktuell vor großen Herausforderungen, bietet aber auch enorme Potenziale für die Kreislaufwirtschaft. So wurden im Jahr 2018 in Deutschland rund eine Million Tonnen Alttextilien gesammelt, was je nach Berechnung einer Sammelquote von 64 bis 74 Prozent entspricht. Doch nur 26 Prozent der gesammelten Textilien werden tatsächlich Recyclingprozessen zugeführt, wobei nur selten hochwertige Fasern für den Einsatz in neuen Textilien hergestellt werden. Der Großteil der Alttextilien wird dagegen exportiert, oft auch in Nicht-EU-Länder, zur Energiegewinnung verbrannt oder deponiert. Hauptgründe dafür, dass Textilien nicht stärker wiederverwertet werden, sind wenig ausgereifte Recyclingverfahren und fehlende Anreize für die Textilhersteller, Recyclingmaterial statt Neuware zu verwenden.
Zusammenfassung der Studie:
Für das Jahr 2018 wurde die Sammelmenge an Alttextilien in Deutschland auf ca. 1 Mio. t geschätzt, was einer geschätzten Sammelquote von 64 % entspricht (Wagner et al. 2022). Rund 62 % der Sammelmenge wird für die Wiederverwendung vorbereitet, insgesamt 26 % werden stofflich verwertet. Der größte Teil der wiederverwendbaren Alttextilien (mindestens 50 %) wird in andere EU- und Nicht-EU-Länder exportiert. Für den weiteren Verbleib dort gibt es keine verlässlichen Zahlen; schätzungsweise wird ein nicht unerheblicher Teil weiter thermisch verwertet oder deponiert (European Environment Agency 2023).
Bezüglich der stofflichen Verwertung ist festzuhalten, dass der größte Absatzmarkt des Outputs der heute gängigen Recyclingverfahren außerhalb der Bekleidungs- und Textilindustrie liegt (OpenLoop-Recycling). Von dem Anteil, der für das Recycling zur Verfügung steht, werden in der EU aktuell nur ca. 16 % als spinnbare Fasern für eine textile Verwendung zurückgewonnen – das entspricht einem Anteil von ca. 5% der Alttextilmenge, die für das Recycling in der EU zur Verfügung steht (Huygens et al. 2023). Global wird nur 1 % der Alttextilien mittels Faser-zu-Faser-Recycling (F2F-Recycling) recycelt. Von allen recycelten Fasern, die im Bekleidungssektor eingesetzt werden, stammt der größte Anteil mit ca. 93 % aus recycelten PET-Getränkeflaschen, die hauptsächlich mechanisch recycelt werden (Textile Exchange 2022).
Mit einem Anteil von 65-87 % ist das mechanische Recycling das aktuell dominierende Recyclingverfahren, welches im Vergleich zur Depolymerisierung und zum rohstofflichen Recycling (Pyrolyse und Gasification) geringere Umweltauswirkungen hat, allerdings auch zu einer Qualitätsabnahme durch eine Abnahme der Faserlänge führt. Das sogenannte chemische Recycling von Alttextilien befindet sich in der Entwicklungs- bzw. Skalierungsphase. Es gibt insbesondere viele Projekte und Start-ups, welche sich mit der Depolymerisierung von Faserbestandteilen aus Alttextilien beschäftigen.
In diesem Bericht wird ein ausführlicher Überblick über die aktuell bekannten Technologien zum F2F-Recycling von Textilien sowie ihre Stärken und Schwächen gegeben. Dabei werden mechanisches Recycling, lösemittel-basierte Aufbereitung, Depolymerisierung und rohstoffliches Recycling unterschieden. Prinzipiell sind die verschiedenen Recyclingtechnologien nicht als konkurrierende Verfahren zu verstehen: Für verschiedene Arten von Alttextilien sollten verschiedene Verfahren angewendet werden, wobei das mechanische Recycling gegenüber der Depolymerisierung zu priorisieren ist. Das rohstoffliche Recycling kann – unter Anwendung bestimmter Regeln – ergänzend als
letzte Alternative genutzt werden. Da das mechanische Recycling Grenzen hat und das rohstoffliche Recycling mit hohem Energieaufwand einen unspezifischen Kohlenwasserstoff-Mix ergibt, gilt die Depolymerisierung aktuell als vielversprechendste Option. Das Verfahren steckt allerdings noch in der Entwicklung.
Neben technischen Entwicklungen sind Anreize für eine Erhöhung des Rezyklatanteils in Textilien erforderlich, damit das vorhandene Potenzial des F2F-Recyclings ausgeschöpft werden kann und die Sortierunternehmen aus wirtschaftlicher Sicht weiter bestehen können. Aktuell sind einige gesetzlichen Initiativen in der Ausarbeitung und z.T. schon entschieden, die einen solchen Anreiz bieten können. Hier sind u. a. verbindliche Anforderungen für die Produktaspekte Rezyklatanteil und Recyclingfähigkeit über die EU-Ökodesign-Verordnung, die Einführung der Getrenntsammelpflicht in der EU ab 2025 sowie die Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung für Textilien durch
eine Revision der Abfallrahmenrichtlinie zu nennen. Die tatsächlichen Auswirkungen dieser gesetzlichen Änderungen hängen von deren konkreter Ausgestaltung ab, welche zu diesem Zeitpunkt noch unklar ist.
Quelle: Öko-Institut